Chanukkaleuchter in Budapest zerstört

Wann wacht Ungarns Judentum endlich auf?

Von Ernst Meir Stern

 

Die Tat erschüttert und ruft Zorn hervor, doch sie überrascht nicht: In Budapest wurden mehrere, an öffentlichen Plätzen aufgestellte Chanukkaleuchter zerstört. Ebenso wenig verwundert die Reaktion der Polizeibehörden . Die wussten nämlich schon unmittelbar nach den Vandalenakten, dass es sich um Aktionen von „Einzeltätern“ handelte. Man könnte glauben, die österreichische Exekutive hat eine Filiale in Ungarn…

Zornig macht mich jedoch auch, und das schon seit langer Zeit, das Verhalten des ungarischen Judentums. Bis auf einige engagierte Aussagen Intellektueller hört man von ungarisch-jüdischer Seite nichts als Wehklagen oder gar naiv - Beschwichtigendes. Ich frage mich, haben wir noch 1938? Was muss noch alles passieren, bis die Juden in unserem Nachbarland aus ihrer Lethargie erwachen und der Realität ins Auge blicken?

Auch außerhalb Ungarns wird beklagt, dass sowohl Regierungskreise als auch die oppositionellen Parteien viel zu oft zu den antisemitischen Umtrieben schweigen. Warum, so frage ich, sollten sie auch ihre Stimme erheben oder gar Maßnahmen setzen, wenn die Juden in ihrer Mehrheit selbst schweigend in ihrer passiven Opferrolle verharren?

„Im ejn ani li, as mi li?“ („wenn nicht ich für mich, wer sonst?“) heißt es in der Schrift. Wer nicht bereit ist, für sich selbst einzustehen und zu handeln, hat keinen Anspruch, dies auch von anderen zu erwarten.

Jaja, ich weiß schon, jetzt werden notorische Pazifisten aller Parteien und Glaubensbekenntnisse mir vorwerfen, ich rufe zu Gewalt auf, Gewalt sei pfui, niemals eine Lösung etc. blabla. Und der jetzige Zustand wird zu einer Lösung der Probleme führen, frage ich? Das Mindeste, was man erwarten kann ist, dass sich Ungarns aufgesplittertes und vor Angst paralysiertes Judentum dazu aufrafft, sich politisch einheitlicher zu organisieren und effiziente Maßnahmen zum Selbstschutz zu ergreifen, wie dies beinahe in allen jüdischen Gemeinden Europas der Fall ist. Sich auf die Huld der „Obrigkeit“ zu verlassen, ist, wie die Geschichte zeigt, dem Judentum noch nie gut bekommen. Unsere Feinde akzeptieren und respektieren nur eine Haltung, und die besteht darin, Selbstbewusstsein, Stärke und, falls unumgänglich, Wehrhaftigkeit zu zeigen.