Habemus Rabbam!

Oberrabbiner – Kür mit einigen Misstönen

von Ernst Meir Stern

Im Plenarsaal der IKG gab es nur noch Stehplätze, Vertreter der schreibenden Zunft waren da, und auch die Damen und Herrn Kultusvorsteher waren – ausnahmsweise - nahezu vollzählig angetreten. Stand doch die Präsentation des künftigen Oberrabbiners auf der Agenda, und ein vorausgegangener Newsletter der Fraktion Chaj ließ eine stürmische Debatte erwarten. Mutmaßten die Oppositionellen um Mag. Martin Engelberg doch, dass, und nicht zum ersten Mal, über den Kultusvorstand einfach „drübergefahren“ werden sollte. Vorweggenommen: Der angekündigte „Sturm im Wasserglas“ entpuppte sich bestenfalls als Säuseln im Schnapsgläschen. Stellte sich doch bald heraus, dass alles, (soweit für den unbefangenen Berichterstatter nachvollziehbar), alles seine demokratische Ordnung gehabt hatte. Der Kultusvorstand hatte sich seinerzeit entschieden, eine „Rabbiner – Findungs – Kommission“ einzusetzen. Diese, breit aufgestellt, bestehend aus dem Präsidium, Vertretern des Tempelvorstandes sowie Kultusvorstehern, hatte nach der Ausschreibung 7 deutschsprechende Bewerber kontaktiert und vier von ihnen in Ermangelung eines akademischen Grades (wie vom Statut gefordert) ausgeschieden. Die endgültige Entscheidung, welcher der Herrn dem Plenum letztendlich zur Kür vorgeschlagen werden sollte, fiel, laut Präsident Deutsch, einstimmig. Das Präsidium hatte vorab auch einige Fraktionen über den „Sieger“ informiert, nicht jedoch Chaj. Dies wohl als „Sanktion“ dafür, dass von dieser Seite immer wieder Querschüsse und Angriffe auf die Mehrheitsfraktion lanciert werden. Was Wunder also, dass man sich übergangen fühlte und „Unrat witterte“. Die Wortmeldungen der Vertreter von Chaj, Engelberg und Rene Wachtel, fielen dann allerdings, angesichts der Faktenlage, für deren Verhältnisse überaus schaumgebremst aus. Sie hätten den – im Saal anwesenden – hochqualifizierten Kandidaten gerne einem Hearing unterzogen – ein Ansinnen, das sogleich abgeschmettert wurde.

Das einzige „Skandälchen“ des Abends passierte schon vor der Plenarsitzung. Schmuel Laster, Journalist und Betreiber des im In- und Ausland gern gelesenen Blogs „Die Jüdische“ war vom Generalsekretariat der Eintritt verwehrt worden. Laster ist in der IKG seit langem in Ungnade gefallen, weil er deren Führungsriege immer wieder heftig kritisiert, wobei er in der Wahl seiner Worte nicht zimperlich ist. Auf Anfrage eines Mandatars über die Begründung für die Wegweisung wurde diesem beschieden, Laster sei nicht Mitglied der Kultusgemeinde, er hätte seine Mitgliedschaft „ruhend gestellt“.*) Was formal korrekt ist. Ob der Ausschluss des langjährigen Gemeindemitglieds klug oder moralisch vertretbar ist, darüber sollte die Leitung der IKG ernsthaft nachdenken.

 

*) Kollege Laster bestätigte dies auf Anfrage und ist mit der Veröffentlichung einverstanden.