Auf’s MACCABI – Trainerkarussel aufgesprungen

Interview mit Robert Weber, der ein schwieriges Erbe antritt

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Das Trainerringelspiel rotierte geradezu schwindelerregend. In der Winterpause sprang überraschend Erfolgscoach Fiala ab, Vinzenz Jager kam. Nach verkorkster Frühjahrssaison und „atmosphärischen Störungen“ mit der Mannschaft legte „Winnie“ Jager die Verantwortung wieder in die Hände seines Vorgängers. Der akzeptierte – nur um wenige Wochen danach bekanntzugeben, er würde künftighin doch woanders tätig sein…

Also mussten die Verantwortlichen rasch fündig werden. Seit August leitet mit Trainer Robert Weber ein erfahrener Mann die Geschicke der Kampfmannschaft. Der langjährige Kicker bei verschiedenen Wiener Vereinen war in der Folge unter anderem als Fußballlehrer beim Rapid – Nachwuchs sowie in der Akademie der Austria aktiv und trainierte die Kampfmannschaft des Traditionsklubs Hellas Kagran. Weber besitzt mehrere UEFA – Trainerlizenzen.

Er tritt allerdings ein schweres Erbe an. Nach Ende der letzten Meisterschaft war die Stimmung des Kaders „im Keller“, mehrere Abgänge wichtiger Spieler sowie hartnäckige Verletzungen zehrten vor allem an der spielerischen Substanz von MACCABI. Dies stellte sich bereits in den ersten Meisterschaftsbegegnungen nur allzu deutlich heraus.

Den Reportern des bund stellte sich Robert Weber zum ausführlichen Interview.

Herr Weber, Sie konnten sich sicherlich bereits ein Bild über die Qualitäten und Schwächen einzelner Spieler machen.

Also von einem konkreten Gesamtbild bin ich schon noch ein Stück weit entfernt. Aber eines kann ich jetzt schon sagen: Die  Akteure erscheinen mir durchwegs unglaublich motiviert und leistungsbereit. Und was sehr auffällig ist: Es herrscht ein absolut positiver Gesamtcharakter vor, gespickt mit Persönlichkeiten und tollen Menschen.

Welche Ziele haben Sie sich kurz – bis mittelfristig gesteckt?

Bei dieser Frage möchte ich mich nicht auf eine Platzierung festlegen. Mein primäres Ziel ist zunächst, dass alle gerne und mit Freude zum Training kommen. Es soll einfach Spaß machen, womit ich aber nicht meine, dass es immer nur lustig zugehen wird. Spaß kann man auch an Anstrengung und Leistung haben – jeder Sportler kennt doch das Gefühl, wenn er sich bei einem Training oder Wettkampf voll eingesetzt hat… dieses Gefühl der Zufriedenheit, etwas geleistet zu haben. Und natürlich ist ein mittelfristiges Ziel, mit dem Team schnell eine gemeinsame Spielidee zu entwickeln, eine gemeinsame taktische Idee vom Spiel zu festigen. Denn – und damit bin ich wieder am Anfang - wann macht Fußball am meisten Spaß? Richtig, wenn man gemeinsam ein Match gewinnt.

Wie beschreiben Sie Ihren Führungsstil? Sind Sie ein strenger, auf Distanz bedachter Vorgesetzter oder sehen Sie sich doch eher als älterer Freund der Spieler?

„Zuckerbrot und Peitsche“

Ich würde sagen, dass ich eine Mischung aus beidem bin oder sein kann. Das alte Sprichwort „Zuckerbrot und Peitsche“ könnte es wohl treffen. Sagen wir´s mal so: Ich kann sehr freundlich und nachsichtig sein, glaube immer an das Positive. Wenn ein Spieler aber gegen gewisse Grundsätze verstößt kann ich auch sehr unangenehm werden.

Welche Prioritäten setzen Sie als Trainer?

Sportliche Priorität hat ganz klar die Arbeit mit dem Ball. Dabei versuche ich immer, in alle Übungen taktische Elemente aus meiner Spielphilosophie einzubauen. Sowohl im individualtaktischen als auch im gruppentaktischen Bereich kann man toll mit dem Ball arbeiten und dabei konditionelle Aspekte unter sportartspezifischen Belastungen sehr gut trainieren. Ich bin ein Gegner von ewig langen Dauerläufen Das heißt aber nicht, dass harte Konditionsarbeit nicht auch mal isoliert vorkommt. Hier schätze ich intensive Intervallarbeit, Schnellkrafttraining oder auch die Tabata - Methode. Ein weiterer Punkt ist die Team-Entwicklung. Der sogenannte Teamspirit hat – unabhängig von der Leistungsklasse - schon oft dazu geführt, dass Spiele gewonnen wurden, in denen der Gegner vielleicht höher einzustufen war.

Die Grundaufstellung wird oft überbewertet bzw. hat sich die Taktik dem vorhandenen Spielermaterial oder auch dem Spielverlauf anzupassen. Bevorzugen sie eine bestimmte Grundformation?

Das mit der Überbewertung der Grundaufstellung sehe ich auch so. Natürlich gibt es eine Grundformation, doch in Wahrheit geht es um zwei Dinge: Wie effektiv ist die Mannschaft in Ballbesitz und wie solide ist sie, wenn der Gegner den Ball hat? Nach diesen beiden Kriterien richtet sich die Spielphilosophie – wie wollen wir das Spiel anlegen? Zudem hat sich der Fußball mittlerweile so entwickelt, dass genau in den Umschaltphasen, also Ballgewinn oder Ballverlust, entscheidend ist, wer die schnellere Antwort auf die veränderte Ballbesitz-Situation hat. Das gilt im Spitzenbereich genauso wie im Amateurfußball. Daher sehe ich auch als Ziel, einen Spielstil zu entwickeln, der möglichst gute Strategien für die genannten Kriterien bieten kann. Das ist aber eine langfristige Sache…

Haben Sie vor, auch Kräfte aus dem Nachwuchs einzubauen?

Ich liebe es, mit jungen Spielern zu arbeiten und sie an der Schnittstelle Nachwuchsfußball – Erwachsenenfußball zu entwickeln. Daher ein klares Ja zur Frage, ob ich Spieler aus dem Nachwuchs einbauen möchte. Ich denke, der Verein investiert sehr viel in die Nachwuchsarbeit, dann ist es also eine logische Konsequenz, dass man nicht sagt: „So, jetzt bist du 18, das war´s“. Es muss lauten: „So, jetzt geht´s weiter, jetzt geht´s erst richtig los“. Von der angesprochenen U18 haben – so wurde mir gesagt – viele den Weg zu Studien und Ausbildungen im Ausland genommen und stehen daher leider nicht zur Verfügung. Aber die in Wien geblieben sind und auch die Qualität (dazu gehört auch Geduld!) für die Kampfmannschaft mitbringen, werden sicher gefördert und gefordert.

Einige langjährige Stamm- und Kaderspieler haben in den beiden letzten Jahren aus privaten Gründen, aber auch, weil sie sich zurückgesetzt fühlten, dem Klub den Rücken gekehrt. Sollte man nicht versuchen, sie zurück zu holen?

Dazu kann ich nicht viel sagen – ich kenne diese Spieler ja nicht. Aber aus meiner Sicht ist jeder willkommen, die Türe ist offen. Weil ihr das „sich zurückgesetzt fühlen“ angesprochen habt: Beim Fußball ist es halt so, dass nur 11 Spieler in der Startformation stehen können, bereits beim 12. Spieler besteht die Gefahr, dass er unzufrieden ist, sich zurückgesetzt fühlt. Der Trainer hat nun mal die Aufgabe und Verantwortung gegenüber dem Verein, jene 11 auf den Platz zu schicken, von denen er überzeugt ist, dass es momentan die Besten sind. Und da können, was die Spieler, Zuschauer, Funktionäre betrifft, die Wahrnehmungen oder Meinungen weit auseinander gehen. Doch letztlich entscheidet die Wahrnehmung des Trainers – that´s the business.

Eine „Achillesferse“ der Fußballsektion war zuletzt die Reservemannschaft. Was muss bzw. wird in dieser Hinsicht geschehen?

Eine besondere Situation ist, dass Maccabi alle Spiele am Wochenende ausschließlich am Sonntag austrägt. Somit hat man gegenüber anderen Klubs einen Wettbewerbsnachteil. Denn bei vielen Vereinen ist es so, dass beispielsweise die Kampfmannschaft bzw 1b am Samstag spielen, die U 18 dann erst am Sonntag ihr Match hat. Somit können diese Nachwuchsspieler am Samstag und am Sonntag eingesetzt werden. Zwei Spiele an einem Tag, noch dazu, wenn die Termine kollidieren, sind da weit schwieriger zu koordinieren. Ein Lösungsansatz wäre, dass man versucht, zumindest die Heimspiele der U 18 an einem Wochentag , z. B. Mittwoch, Donnerstag auszutragen. Ich bin sicher, dass viele Jungs dann gerne am Sonntag für die 1b zur Verfügung stünden. Und natürlich gilt es, jene, denen der Verein am Herzen liegt, die aber aus unterschiedlichsten Gründen (Beruf, Privatleben, Spielstärke…) nicht in der Kampfmannschaft zum Einsatz kommen, bei der Stange zu halten.

Wir danken und wünschen Ihnen viel Erfolg.

                                                                                       Albert, Ernst Stern