Deja vu – Erlebnis mit der Exekutive

von Ernst Meir Stern

„Mochn’s kann Aufstand, sunst muaß i ihna festnehma!“

Die Medienberichte über den Rabbiner, der am Schwedenplatz Polizisten vergeblich um Einschreiten gegen antijüdische Beschimpfungen aufforderte und nur blöd angegrinst bzw. abgeschasselt wurde, bescherten mir eine Art deja vu – Erlebnis, und die Wut kam erneut in mir hoch…

Als vor einigen Jahren nach einem Derby Rapid – Austria im Hanappi Stadion von „Fans“ der Westtribüne, vor dem Ausgang, antisemitische Sprechchöre gegrölt wurden („Judenschweine“, „Juden raus“, „hängts as auf“ etc.)  platzte mir (als bekennendem Rapid – Anhänger mit grünweißem Schal angetan) der Kragen und ich forderte eine Gruppe daneben stehender Polizisten auf, dagegen einzuschreiten. Reaktion? Blödes bis hämisches  Grinsen und ein mehrstimmiges „gengan ’s weida!“. Als ich auf meiner Forderung beharrte, näherte sich ein höherrangiger Uniformierter, der mich anfuhr „wos woin ‘s?“
Ich wurde nun zugegebenermaßen auch etwas lauter und meinte, es sei die Pflicht der Exekutive, einzuschreiten, da diese antisemitischen Beschimpfungen ein Offizialdelikt darstellten. Worauf der Offizier in bewährter Manier reagierte: „Wer saan se überhaupt? Kennan ’s ihna ausweisn?“ Ich erklärte, Jude und Journalist zu sein, was ihn aber in keiner Weise beeindruckte. „Oiso, Ausweis!“
Nun wurde ich selbst „patzig“ und verlangte die Dienstnummer des Beamten, worauf ich prompt mit der Standardantwort „47 11“ abgespeist wurde. Und weiter „mochn’s do kan Aufstand, sunst muaß i ihna festnehman!“.Und schon stand ich einer Phalanx mehrerer großgewachsener Uniformierter gegenüber, die offenbar nur auf einen Befehl ihres Vorgesetzten warteten. Hinter ihnen die munter weiter grölenden Fans…
Ich weiß heute nicht mehr, ob mich Vernunft oder Feigheit dazu bewogen, mich trotz unheimlicher Wut im Bauch heimlich still und leise Richtung U4 zu absentieren. Aber eines weiß ich heute sicher: Gerate ich wieder in so eine Situation, werde ich garantiert nicht mehr kneifen, sondern lieber  („kusch dich, Vernunft!“) einen „Widerstand gegen die Staatsgewalt“ riskieren – alle körperlichen und juristischen Folgen sowie den Ärger meiner Frau   einkalkuliert. Denn mir steht ’s bis oben hin. Während die Gottsöbersten des Polizeiapparates in Umgang mit der Kultusgemeinde „heile Welt“, spielen, hat sich bei so manchen ihrer Subalternen nix, aber schon gar nix, geändert. Zeit, auch hier unmissverständliche Zeichen von Zivilcourage weniger diplomatischer Natur zu setzen.